Neues aus der Bücherkiste

(aus: Schlaglichter Nr.62/04)

Daniel Deckers: Der Kardinal

Karl Lehmann ist alles geworden, was man in der katholischen Kirche werden kann: Kardinal, Kirchenpolitiker von Rang, gefragter Gesprächspartner von Politik und Medien. Und als Leitfigur einer humanen, weltoffenen Kirche hat er Standhaftigkeit bewiesen. Genau dieser Mann, der vor allem auch Bischof unserer Diözese ist, steht im Mittelpunkt einer Biographie von Daniel Deckers. Sorgfältig recherchiert ist das Bild, das er von Lehmann zeichnet, nicht nur im direkten, sondern auch im weiteren Umfeld des Kardinals hat Deckers sich umgehört, Gespräche geführt und setzt nun gleich einem Mosaik die verschiednen Bauteile zu einer umfassenden Biographie zusammen.

Die Einteilung der Kapitel gefällt. Zu jedem Lebensabschnitt findet Deckers eine Überschrift, die schon erkennen lässt, dass Lehmanns Weg "nach oben" nicht ganz so geradlinig war, wie es manchem scheinen mag. So trägt denn auch das vorletzte Kapitel die Überschrift "Kampfzeit - Vorsitzender der Bischofskonferenz". Beim Lesen wird klar, dass Lehmann sich und seiner freundlichen, wenn auch nicht euphorischen Art immer treu geblieben ist; dass sein immenses Wissen und seine klare Vorstellung von Kirche nicht immer zu schnellen Lösungen führten, da sowohl Rom als auch dem Kirchenvolk und Kollegen seine Ideen und Gedanken nicht immer gleich eingängig waren. Und der Leser erfährt außerdem, wie sehr Lehmann in der katholischen Kirche immer wieder Mittler war und sich für die Gemeinschaft der Katholiken, ja aller Christen untereinander einsetzte. Was das Lesen sehr angenehm macht, ist die Tatsache, dass Deckers seine umfassende Darstellung innerhalb der einzelnen Kapitel in kleinere "Häppchen" aufgeteilt hat. Es macht richtig Spaß, die einzelnen kleinen Wegstücke mit Karl Lehmann "mitzugehen" und ihn besser und intensiver - zumindest durch die Brille Daniel Deckers - kennen zu lernen. Deckers wurde vorgeworfen, er nähere sich Lehmann mit zu wenig kritischer Distanz, zeichne ein zu begeistertes Bild des Kardinals. Auch ich ließ mich begeistern, mehr jedoch vom spannenden Leben eines vielleicht gerade wegen seiner Nüchternheit faszinierenden Kirchemanns. Diese Faszinationsfähigkeit hat Deckers geweckt, nicht jedoch aufgezwungen. Und letztlich schreibt er auch keine Kritik über Kardinal Lehmanns Wirken, sondern eine Biographie. Und die ist ihm für eine zunächst nicht einfach greifbare Person wie Lehmann außergewöhnlich gut gelungen.

Marcus Ohl, MdR

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