Besoffen, bekifft, verpeilt

(aus: Schlaglichter Nr.64/04)

Drogen in der DPSG: Wie gehe ich als Leiter/in mit Alkohol, Zigaretten und Cannabis um?

"Allzeit bereit" lautet das Motto unseres Verbandes. Daraus wird nach einigen Flaschen auch gerne mal ein "Allzeit breit". Wie sollen wir auf Lagern und Veranstaltungen mit dem Thema Alkohol verantwortlich umgehen? Uns auf der einen Seite eine Gläschen Wein, die Flasche Bier oder die Kippe gönnen und gleichzeitig Vorbild für Kinder und Jugendliche sein?

Drogen wie Alkohol, Zigaretten und Cannabis gehören zu unserer Gesellschaft und damit auch zur DPSG. Alkohol ist fester Bestandteil unserer Alltagskultur, sozusagen Volksdroge Nr.1. Man trinkt gegen den Durst, zum Essen, zu geselligen Anlässen, Festen oder Feiern, als kleine Besonderheit im Alltag ("Feierabendbier") und wenn man Probleme hat und Entspannung sucht. Auch der Griff zum Glimmstängel ist normal. Die Raucherpause ist Ritual bei Sitzungen und Veranstaltungen. Sie wird allerorts und zu allen Gelegenheiten gepflegt.

Auf der einen Seite erklären wir, dass Pfadfindertum ("Entwicklung stärken, Talente fördern") nichts mit Drogen zu tun hat. Auf der anderen Seite wird bei unseren Veranstaltungen auch mal munter gebechert. Schlimmstenfalls bis die ersten von der Bierzeltgarnitur fallen. Diese Doppelmoral gibt es auch in der Gesellschaft. An Fastnacht saufen sich ganze Städte gezielt ins Delirium, trotzdem sind Eltern schockiert, wenn ihre Kinder mit Alcopops vollgepumpt von einer Party nach Hause kommen.

Die DPSG muss sich - wie die Gesellschaft - eingestehen, dass Drogen (in welcher Form auch immer) zur Wirklichkeit gehören. Es ist in Ordnung, dass ich gerne mal eine Zigarette rauche oder mal einen Trinken gehe, ohne dass schlimm zu finden. Dieser Einsicht sollte der verantwortungsvolle Umgang mit den Drogen folgen.

"Jeder kann machen, was er will", werden jetzt manche denken. "Schließlich ist es mein Körper." Doch das gilt (wenn überhaupt) nur fürs Privatleben, nicht für die DPSG und die Jugendarbeit. Denn hier ist der Leiter / die Leiterin ein Vorbild und trägt Verantwortung für andere. Experten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung warnen: "Je früher Kinder und Jugendliche mit dem Trinken beginnen, desto größer ist die Gefahr, dass sie zu gewohnheitsmäßigen und gar abhängigen Alkoholkonsumenten werden." Ein Leiter oder eine Leiterin in der DPSG trägt hier eine eindeutige Verantwortung und sollte sich dieser bewusst sein. Davon abgesehen, dass ein lallender Leiter, der mit starkem Mundgeruch über den Lagerplatz torkelt, vermutlich schnell an Respekt verliert.

Alkohol macht impotent

In der Umgangssprache bezeichnet Alkohol den berauschenden Bestandteil aller alkoholischen Getränke. Hergestellt wird Alkohol durch Gärung (Wein und Bier) oder Destillation (Branntwein). Jeder Deutsche trinkt im Jahr durchschnittlich rund 10.5 Liter reinen Alkohol, Männer dabei deutlich mehr als Frauen. Getrunken wird am liebsten Bier: Rund 130 Liter pro Kopf im Jahr.

Der Alkohol dringt über die Schleimhäute in die Blutbahn und durchströmt damit den ganzen Organismus und beeinflusst vor allem Teile im Gehirn, die Bewusstsein und Gefühle steuern. Gesundheitliche Schäden entstehen aber nicht erst bei Abhängigkeit, sondern auch durch hohen gewohnheitsmäßigen Konsum. Alkoholmissbrauch beeinträchtigt auch die Potenz und das sexuelle Erleben. Doch auch die Umwelt des Trinkers leidet. Alkohol macht aggressiv.

Wann bin ich gefährdet?

Missbrauch und Abhängigkeit beginnen fast immer unspektakulär. Wer jedoch regelmäßig trinkt, um Stress oder Trauer besser aushalten zu können, ist gefährdet. Je öfter Alkohol für Gemeinschafts- oder Wohlbefinden sorgt, desto weniger gelingt es, schwierige Situationen nüchtern zu bewältigen. Alkoholabhängige (rund 1,6 Millionen Menschen in Deutschland) sind unfähig, ihren eigenen Konsum zu steuern.

Rauchen zur Entspannung

Die Volksdroge Nr. 2 ist der Glimmstängel. Raucher sind stark, erwachsen, frei, spontan... Diese Attribute bestimmen das Bild des Rauchers und werden von der Werbung verbreitet. Ähnlich wie das Trinken von Alkohol genießt auch das Rauchen eine hohe gesellschaftliche Anerkennung. Rauchen schafft soziale Kontakte, gibt uns das Gefühl des Erwachsenseins, hat aber auch eine direkte Wirkung auf den Körper: die beruhigende Zigarette in der Sitzungspause, nach dem Essen oder zum Kaffee.

Die Folgen des Rauchens wie Herzkreislauf-Erkrankungen und Schädigung der Atmungsorgane (Bronchitis bis Lungenkrebs) sind weitgehend bekannt und sehr beträchtlich. Dennoch bestimmt das positive Image des Tabakrauchers das Konsumverhalten und lässt viele Jugendliche trotz der bekannten Risiken häufig zu dieser "legalen" Droge greifen.

Cannabis

Nicht erst seit der Hippie -Zeit kreist der Joint durch manche Clique. Die Wirkung von Cannabis (als Joint von Marihuana-Blättern oder Haschisch konsumiert) ist eine Anhebung der Stimmung ("Entspannung und Wohlbefinden"). Zu den unangenehmen Wirkungen zählen eine niedergedrückte Stimmung, psychomotorische Erregung, Unruhe und Angst.

Nach heutigem Kenntnisstand führt Cannabiskonsum nicht zu einer körperlichen Abhängigkeit. Dies gilt allerdings nur für Erwachsene. Aber bei einem dauerhaften Konsum kann sich aber eine psychische Abhängigkeit entwickeln (mehr im Artikel Toxikologie).

Was sagt das Gesetz?

Für uns als Leiter ist wichtig, wie die gesetzlichen Regelungen für Lager und Veranstaltungen sind. Alkohol und Rauchen für Jugendlichen sind im Jugendschutzgesetzt geregelt. Zusammenfassend lässt sich sagen:
1. Kinder dürfen auf Veranstaltungen nicht rauchen oder Alkohol trinken. Auch dürfen kein Alkohol oder keine Zigaretten an sie verkauft werden.
2. Jugendliche über 16 Jahren dürfen Rauchen und sogenannten "leichten" Alkohol wie Bier trinken und kaufen, allerdings keine branntweinhaltigen Getränke (wie in vielen Cocktails).

Die Regelungen gelten für die Öffentlichkeit, was immer wieder zu Fehlinterpretationen bei Gruppenstunden, Zeltlagern oder Partys führt. Überfäller oder Besucher machen ein Zeltlager schnell "eher öffentlich", die genaue Grenze ist umstritten. Grundsätzlich ist zu raten, sich immer an die Bestimmungen des Jugendschutzgesetztes zu halten. Am besten überhaupt keine "harten Sachen" auf Partys verkaufen. Ein gutes Zeichen ist auch, wenn die nichtalkoholischen Getränke billiger als die Alkoholika sind.

Kein Joint auf DPSG-Veranstaltungen

Beim Thema Haschisch sind die Bestimmungen eindeutig. Haschkonsum fällt unter das Betäubungsmittelgesetz: "Handel, Besitz, Verabreichung (...) und das Verschaffen von Gelegenheiten zum Konsum sind verboten. Das heißt, auf DPSG - Veranstaltungen dürfen Drogen weder verkauft noch deren Konsum geduldet werden. Leiterinnen von Freizeiten oder Partys sind verpflichtet, den Teilnehmer/innen die Drogen abzunehmen. Sie müssen übrigens dann (ohne den Konsument zu nennen) bei der Polizei oder einer Apotheke abgegeben werden.

Ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetzt ist eine Straftat und wird meist mit einer Geldstrafe oder sozialer Arbeit bestraft. Bei einer Verurteilung, die von den Umständen des Einzelfalls abhängen, wird sie ins polizeiliche Führungszeugnis eingetragen. Also: Finger weg! Auf die weniger strengen Regelungen ("Einstellung des Ermittlungsverfahrens") für den eigenen Besitz und eigenen Konsum geringer Mengen würde ich mich als Veranstalter nicht verlassen.

Was können wir tun?

Wir müssen "Kinder und Jugendliche stark machen", wie es auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in einer Kampagne fordert. Dazu können wir als DPSG enorm beitragen. Am wichtigsten ist der bewusste und glaubwürdige (!) Umgang mit Alkohol. Auf Lagern sollte vorher verbindlich geklärt werden, wie mit dem Thema Alkohol und Zigaretten umgegangen werden soll. Vom totalen Verbot, über "kein Bier vor vier", "erst wenn die Kinder im Bett sind", bis "nur heimlich in der Leiterrunde" ist hier vieles möglich. Wenn jemand offensichtlich Probleme mit Alkohol hat, sollte man sich dem stellen und ihm helfen (oder besser: helfen lassen).

Am wichtigsten ist ein reflektierter eigener Umgang mit Alkohol. Keine Regel über Alkohol oder die Raucherecke hat so eine große Wirkung wie die Vorbildfunktion eines Leiters. Wer erst die Rucksäcke bei Zeltlagerbeginn kontrolliert und dann abends selbst betrunken und mit der Kippe über den Platz torkelt, macht eindeutig etwas falsch. "Allzeit bereit", oder?

Weiterführende Links

Oliver Schopp, Referent für Öffentlichkeitsarbeit der DPSG

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