Was zieh ich mir da rein?

(aus: Schlaglichter Nr.64/04)

Eine Toxikologie von Alkohol, Cannabis und Nikotin

Dass Drogen alles andere als gesund sind, wissen wir alle. Dass es die unterschiedlichsten Gründe gibt, zur Flasche, zum Joint oder zur Kippe zu greifen, ist ebenfalls bekannt. Was aber steckt drin in Alkohol, Nikotin und Cannabis? Und was macht unser Köper mit den Substanzen (bzw. was machen die Substanzen mit unserem Körper?). Eine Betrachtung der unter Pfadfindern wahrscheinlich am häufigsten genutzten (und missbrauchten) Drogen.

Alkohol

Trinkalkohol wird durch Vergärung bzw. Destillation verschiedener Grundstoffe gewonnen. Unter anderem werden Getreide, Früchte und Zuckerrohr zu seiner Herstellung verwendet. Der Alkoholanteil der daraus entstehenden Getränke ist unterschiedlich. Wirkung: In geringen Mengen hat Alkohol eine enthemmende Wirkung. Typisch ist eine gehobene Stimmung sowie eine gesteigerte Kontaktfreudigkeit. Größere Mengen Alkohol führen zu massiven Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsstörungen. Die Urteilskraft, Koordinationsfähigkeit und Sprache werden zunehmend beeinträchtigt. Schließlich stellt sich Müdigkeit und Benommenheit ein. Bei sehr hohen Dosen kann es sogar zum Koma kommen.

Risiken: Es kann eine psychische und physische Abhängigkeit entstehen. Länger andauernder Alkoholmissbrauch hat die Schädigung der inneren Organe, des Gehirns und des peripheren Nervensystems zur Folge. Neben verschlechterten Konzentrations- und Gedächtnisleistungen kommt es auch zu Persönlichkeitsveränderungen. Im fortgeschrittenen Stadium entstehen mitunter auch Wahnvorstellungen. Am Ende der intellektuellen Degeneration steht das Korsakow-Syndrom. Dieses äußert sich durch Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, Desorientiertheit und Konfabulation (Verloren gegangene Erinnerungen werden durch frei assoziierte und erfundene sprachliche Produktionen ersetzt).

Cannabis

Die Pflanze Cannabis gehört zur botanischen Gattung der Hanfgewächse (Cannabaceae) mit psychoaktiven Wirkstoffen. Die stärkste Wirksubstanz ist Tetrahydrocannabinol (THC). Nur die weibliche Form der Gattung "cannabis sativa" enthält genügend THC, um einen Rausch zu erzeugen. Cannabis gehört zu den ältesten bekannten Nutz- und Heilpflanzen sowie Rauschmitteln. In Europa wurde die Rauschwirkung von Cannabis erst im 19. Jahrhundert bekannt. In Deutschland und vielen anderen westlichen Industrienationen hat sich Cannabis seit den 1970er Jahren nach Alkohol zu der am häufigsten konsumierten Rauschdroge entwickelt.

Der Konsum
Cannabis wird meist in Form von Marihuana (getrocknete Blüten und Blätter) oder Haschisch (aus dem Harz der Blütenstände), selten als Haschischöl (konzentrierter Auszug des Harzes) konsumiert. Der THCGehalt nimmt in der Regel in der genannten Reihenfolge zu. Der Wirkstoffgehalt kann aber je nach Anbaugebiet, -methode und Verarbeitung stark schwanken. Die häufigste Konsumform ist das Rauchen von Joints. Dabei wird das zerbröselte Haschisch oder Marihuana meist mit Tabak vermengt und zu einer Zigarette gedreht. Darüber hinaus werden Cannabisprodukte über verschiedene Sorten von Pfeifen geraucht. Gelegentlich werden Cannabisprodukte in Tee aufgelöst getrunken oder in Keksen ("Spacecookies") verbacken und gegessen. Der Zeitpunkt des Wirkungseintritts hängt von der Konsumform ab. Zur Wirkung von Cannabis im Einzelnen, siehe auch die entsprechende Tabelle.

Langzeitfolgen
Zu den Langzeitfolgen des Cannabiskonsums die gegenwärtig in der Forschung (kontrovers) diskutiert werden, gehören:

Körperliche Folgen:
Bereits in den 1970er Jahren erforschte man die Auswirkungen des Cannabiskonsums auf das Gehirn. Die damaligen Berichte über das Auftreten von Schäden werden aus heutiger Sicht aufgrund der angewandten Forschungsmethoden als haltlos betrachtet. Jedoch zeigen sich bei Dauerkonsumenten etwas schlechtere Lern- und Gedächtnisleistungen.

Bekannt ist hingegen, dass der Cannabisrauch mehr Teer bzw. krebserregende Stoffe enthält als eine vergleichbare Menge Tabakrauch. Als sicher gilt auch, dass Wasserpfeifen dieses Risiko nicht mindern, da sie nicht wie häufig angenommen den Rauch reinigen, sondern lediglich abkühlen.

Die Forschung hat bisher keine eindeutigen Belege für den Einfluss von Cannabis auf das Hormon- und Immunsystem erbracht. Zwar fand man in einigen Studien Hinweise darauf, dass die Sexualfunktion bei Männern erniedrigt und der Menstruationszyklus bei Frauen gestört wird. Insgesamt weisen die Ergebnisse aber darauf hin, dass diese Effekte reversibel sind, das heißt sich nach einiger Zeit der Konsumabstinenz wieder normalisieren. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass es durch einen veränderten Hormonspiegel zu einer verzögerten Entwicklung in der Pubertät kommen kann.

Psychische Folgen:
Nach heutigem Kenntnisstand führt Cannabiskonsum nicht zu einer körperlichen Abhängigkeit. Bei einem dauerhaften Konsum kann sich aber eine psychische Abhängigkeit entwickeln. Die Betroffenen haben das Gefühl, nicht mehr ohne Cannabis "zurecht" zu kommen. Anders als früher angenommen, können sich nach einer Phase dauerhaften Konsums Entzugserscheinungen zeigen, wenn der Konsum (zeitweilig) eingestellt oder reduziert wird. Diese sind zwar nicht gefährlich, sie können dennoch sehr unangenehm sein und dazu führen, dass der Konsum wieder aufgenommen wird.

Die Gefahr, abhängig zu werden, ist jedoch nicht für jeden Konsumierenden gleich. Je nachdem, in welchem Maße psycho-soziale Risikofaktoren vorliegen, kann eine Person mehr oder weniger gefährdet sein, eine Abhängigkeit zu entwickeln. So geht man davon aus, dass psychische Probleme wie beispielsweise Depressionen das Risiko erhöhen, Cannabis im Sinne einer "Selbstmedikation" zu missbrauchen. Somit liegt das "wahre" Problem in vielen Fällen nicht in der Abhängigkeit, sondern in der psychischen Grundproblematik begründet.

Häufig verbreitet ist die Annahme, dass Cannabis dauerhafte Psychosen auslösen kann. Die Forschung ist hierzu allerdings uneindeutig.

Ebenfalls umstritten ist die Ausbildung eines Amotivations-Syndroms. Man hat beobachtet, dass dauerhafte Cannabiskonsumenten teilnahmslos, passiv und allgemein antriebsvermindert wirken sowie den Alltagsanforderungen mit einer gewissen Gleichgültigkeit gegenüber treten, sprich: sich ziemlich hängen lassen. Aus diesen Beobachtungen wurde geschlossen, dass der Cannabiskonsum die Ursache für den Verlust an Motivation sei. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand geht man aber nicht mehr davon aus, dass der Konsum von Cannabis einen dauerhaften und nicht mehr umkehrbaren demotivierten Zustand erzeugt. Einige Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass Personen, die ohnehin schon demotiviert sind und der Leistungsgesellschaft kritisch gegenüber stehen, zum Abbau ihrer Frustration eher dazu neigen, Cannabis zu konsumieren, als geistig stabile Persönlichkeiten.

Nikotin

Nikotin ist die Wirksubstanz der Pflanze Tabacum nicotiana. Ursprünglich kommt die Pflanze aus Amerika, wo sie von den Indianern bereits seit Hunderten von Jahren zu rituellen Zwecken verwendet wird.

Die akute Hauptwirkung ist eine anregende, das heißt die Konsumenten fühlen sich wacher und die Leistungsfähigkeit wird erhöht. Höhere Dosen bewirken aber eine Hemmung körperlicher Prozesse. Beim Rauchen erreicht Nikotin schon innerhalb von 7 bis 8 Sekunden das Gehirn, wo es auf nicotinerge Rezeptoren wirkt und eine Reihe physiologischer Reaktionen auslöst: Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, und der Hautwiderstand nimmt ab. Da die Hauttemperatur ebenfalls sinkt, frieren Raucher schneller.

Psychisch machen sich die stimulierenden Effekte durch eine erhöhte Leistungsfähigkeit sowie eine verbesserte Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistung bemerkbar. Gleichzeitig werden Appetit, Stress, Angst, Unsicherheit, Nervosität und Müdigkeit unterdrückt.

Wird dem Körper noch mehr Nikotin zugeführt, so kommt es zu Blockaden physiologischer Prozesse. Der Raucher nimmt dies zunächst als Beruhigung wahr. Ab einer Menge von 1 mg pro kg Körpergewicht besteht Lebensgefahr. Es dürfte aber schwer sein, diese Menge durch Rauchen aufzunehmen.

Allerdings wird der Körper praktisch immer ein wenig durch Nikotin vergiftet, weshalb bei Rauchern eine Vielzahl an Erkrankungen möglich ist. Jedes Jahr sterben ungefähr 100.000 Raucher an den Folgen des Konsums. Zum Vergleich: Aufgrund des Alkoholkonsums sterben jährlich ungefähr 20.000 Menschen, an den Folgen des Konsums illegaler Drogen ca. 2000.

Nikotin hat ein hohes Abhängigkeitspotential, das mit dem von Kokain oder Amphetaminen vergleichbar ist. Bei Nikotin besteht die Gefahr einer körperlichen und psychischen Abhängigkeit.

Die Quelle für alle Angaben ist übrigens www.drugcom.de - eine gut gemachte Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu Sucht und Drogen, die von Design und Verständlichkeit vor allem junge Leute anspricht. Umfassende Informationen weit über den Bereich Sucht und Drogen hinaus sowie die Möglichkeit zur Bestellung vieler Informationsbroschüren gibt es unter www.bzga.de.

Marcus Ohl, MdR

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